Österreichisches Parlament: Gesundheitsausschuss für Haftstrafen bei Medikamentenfälschungen

EU verankert unionsweite Tierschutzbestimmungen

Wien (PK) - Rechtliche Initiativen der Europäischen Union diskutierte der Gesundheitsausschuss im weiteren Verlauf seiner Sitzung. Mit einer Regierungsvorlage gegen gefälschte Arzneimittel soll eine entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt werden, um die Bevölkerung vor gefälschten Medikamenten zu schützen, die über legale Lieferketten und häufig über das Internet vertrieben werden. Mehrheitlich angenommen wurde dazu ein Antrag der Regierungsfraktionen, mit dem die Bestellmenge rezeptfreier Medikamente im Internet auf den persönlichen Bedarf beschränkt wird. Der restliche Teil der Regierungsvorlage, der auch gerichtliche Strafen bei Medikamentenfälschungen vorsieht, erhielt einhellige Zustimmung. Ein Antrag des BZÖ auf völliges Verbot des Fernabsatzes von Arzneimitteln blieb dagegen in der Minderheit.
 
Mit 1. Jänner 2013 soll unionsweit eine Verordnung zum Schutz von Schlachttieren in Kraft treten. Die Regierungsvorlage dazu passierte den Ausschuss einstimmig. Die Forderung des BZÖ, die Situation von Fiakerpferden im Tierschutzgesetz zu verankern, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit. Vor dem Hintergrund überarbeiteter EU-Vorschriften über nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte wurde zudem eine Anpassung des Tiermaterialiengesetzes erforderlich. Diese Vorlage machte der Ausschuss einstimmig plenumsreif.
 
Fernabsatz rezeptfreier Medikamente als Option heimischer Apotheken
 
Österreich reagiere mit der neuen Regelung, die auch österreichischen Apotheken auf freiwilliger Basis den Fernabsatz nicht rezeptpflichtiger Medikamente ermögliche, in angemessener Form auf die Realität des Internethandels, unterstrich Gesundheitsminister Alois Stöger. Die vorhandene gute Qualität des österreichischen Medikamentenvertriebs, bei dem noch nie gefälschte Mittel in die legale Lieferkette gekommen seien, werde weiterhin gewährleistet. Damit beseitige man letztendlich auch eine Form der inländischen Diskriminierung, hielt Abgeordneter Johann Maier (S) fest und verwies auf das bestehende Arzneiwareneinfuhrgesetz, durch das schon jetzt nicht rezeptpflichtige Medikamente aus dem Ausland bestellt werden könnten.
 
In einem Abänderungsantrag zur Gesetzesvorlage wandten sich die Abgeordneten Sabine Oberhauser (S) und Erwin Rasinger (V) gegen einen unlimitierten Fernabsatz von rezeptfreien Arzneimitteln. Die Menge von über das Internet bestellten Medikamenten solle auf den persönlichen Bedarf, der von ApothekerInnen produktbezogen zu beurteilen sein wird, reduziert werden, heißt es im Antrag, dem SPÖ, ÖVP und Grüne ihre Zustimmung erteilten. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) erachtete in Hinblick auf die gute Versorgung der ÖstereicherInnen mit Apotheken einen Versandhandel von Medikamenten nicht notwendig und befürchtete zudem, BestellerInnen würden weder über die Absenderapotheken noch über die im Fernbezug erworbenen Medikamente ausreichend informiert, da der beigelegte Zettel mit Hinweisen auf Wechselwirkungen ein persönliches Gespräch mit ApothekerInnen nicht ersetzen könne. Dem hielt Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) entgegen, im Gegensatz zur bisherigen Gesetzeslage seien nun verpflichtende Beratungen über Arzneimittel erstmals vorgesehen, außerdem gebe es eine Notrufnummer für dringende Anfragen über im Versand bezogene Medikamente.

Vorrangig zur Unterbindung der Herstellung und des Vertriebs gefälschter Arzneimittel sieht die genannte Regierungsvorlage gemäß einer EU-Richtlinie Änderungen im Arzneimittelgesetz (AMG), im Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz (NPSG), im Anti-Doping-Bundesgesetzes 2007 (ADBG) und im Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes (GESG) vor. Anträge auf Zulassungen von Arzneispezialitäten müssen laut Gesetzesentwurf künftig mit einer Bestätigung des Herstellers über ein durchgeführtes Audit hinsichtlich der Einhaltung von qualitätssichernden Richtlinien, sogenannten Good Manufacturing Practice -Anforderungen, bei der Wirkstoffherstellung versehen sein. Sicherheitsmerkmale für besonders fälschungsgefährdete Arzneimittel und ein in der gesamten Union geltendes gemeinsames Echtheitslogo für Webseiten legaler Anbieter von Humanarzneimitteln sollten außerdem die Authentifizierung von Medikamenten erleichtern. Abgeordneter Maier (S) sah in der Regelung mit strengen Auflagen eine gute gesetzliche Basis für den Kampf gegen Arzneimittelfälschungen, die oft aus verunreinigten Stoffen zusammengesetzte Substanzen darstellten.

In das Arzneimittelgesetz sind der Gesetzesvorlage zufolge außerdem gerichtliche Straftatbestände (§ 82b) aufzunehmen. Waren bisher für Arzneimittelfälschungen lediglich Verwaltungsstrafen vorgesehen, würden zukünftig die Fälschung und das Verbreiten von Medikamenten, Handelspackungen, Gebrauchsinformationen und Ähnlichem vor Gericht unter Strafe gestellt. ÄrztInnen und ApothekerInnen drohen bei vorsätzlicher Medikamentenfälschung bis zu fünf Jahren Haftstrafe, da diese Berufsgruppen in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu den PatientInnen stehen. Machen sich andere Personen einer Fälschung strafbar, ist eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe vorgesehen. Eine besonders strenge Haftstrafe im Höchstausmaß von 15 Jahren ist angedacht, wenn die Straftat den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzungen einer größeren Zahl von Personen zur Folge hat. Flankiert werden die Straftatbestände durch eine Bestimmung, die das Einziehen der Mittel regelt, sowie durch die Befugnis der Zollbehörden, gefälschte Arzneimittel sicherzustellen. Im Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz geregelte Befugnisse der Zollbehörden würden dazu an die Strafbestimmungen im AMG angepasst. Maier hob in diesem Zusammenhang den gegenwärtigen Einsatz der Zollbehörden hervor, die, wie er sagte, jetzt bereits laufend unrichtig deklarierte Zollsendungen mit gefälschten Medikamenten beschlagnahmten. Als bisher ungelöste Probleme betrachtete der S-Mandatar die illegalen Internetapotheken und den oftmals in osteuropäischen Ländern gestarteten Schleichhandel von falschen Arzneien sowie Doping- und Nahrungsergänzungsmitteln, der noch nicht ausreichend eingedämmt werden konnte. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) regte im Sinne der Konsumenteninformation an, eine Übersicht illegaler Apotheken und Betriebe im Ausland, die mit gefälschten Mitteln handeln, zu erstellen.
 
Die in der StPO vorgesehene Aufgabenverteilung zwischen Kriminalpolizei, deren Funktion hier die Zollbehörden übernehmen, Staatsanwaltschaft und Gericht sollen mit der Änderung des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2007 besser abgestimmt werden. Mittels einer Änderung des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes sieht die Vorlage eine zentrale Überwachung jener öffentlichen Apotheken, die Arzneimittel im Wege des Fernabsatzes anbieten, durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen vor. Die Möglichkeit einer pauschalierten Bezahlung der Medizinprodukteabgabe soll dabei eine verwaltungsökonomische Vorgangsweise gewährleisten.

Angesichts des EU-weit erlaubten Internethandels, von dem auch Arzneimittel umfasst sind, sei Österreich zur Änderung seiner Gesetzeslage gezwungen gewesen, konstatierte Abgeordneter Grünewald. Er fügte hinzu, für heimische Apotheken, die für den online-Vertrieb zertifiziert sind, eröffneten sich dadurch auch neue Chancen. Wichtig sei es Grünewald zufolge allerdings, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, dass auch rezeptfreie Medikamente nicht immer ungefährlich seien, und so eigenmächtigen Behandlungen ohne Diagnose vorzubeugen.

Dezidiert gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln sprach sich Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) aus, wie er in einem Entschließungsantrag (2138/A[E]) verdeutlichte, und erklärte, viele österreichische Apotheken hätten auf Grund des im Gesetz vorgesehenen Fernhandels Existenzängste. Kritikpunkte des BZÖ sind weiters, dass bei Internetbestellungen von Medikamenten keine persönliche Beratung durch ApothekerInnen vor dem Kauf möglich sei und dies zum Aufschieben von Arztbesuchen und folglich gravierenden Anwendungsfehlern führe. Die Legalisierung des Fernabsatzes von Humanarzneimitteln dürfe daher nicht zugelassen werden, so die Forderung Spadiuts, die jedoch mehrheitlich abgelehnt wurde. Die Abgeordneten Gertrude Aubauer (V) und Sabine Oberhauser (S) wiesen den Antragsteller darauf hin, dass die strengen Regeln zur Wahrung der PatientInnensicherheit ganz im Sinne der heimischen Apotheken seien, da diese einen seriösen Produktvertrieb sicherstellten.
 
Tierschutzbestimmungen bei Schlachtungen sollen unionsweit gelten
 
Einstimmig nahm der Ausschuss eine Bestimmung an, mit der die EU das ordnungsgemäße Schlachten von Tieren sicherstellen will. Um Tiere zum Zeitpunkt der Tötung umfassend zu schützen, legt eine Regierungsvorlage diesbezügliche Durchführungs- und Strafbestimmungen einer Verordnung der Europäische Union fest (2014 d.B.). Die Verordnung tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft und ist unmittelbar anwendbar. Sie bildet mit ihren Regelungen zudem eine Basis für entsprechende Bestimmungen zukünftiger EU-Rechtsakte zum Thema Tierschutz. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) regte in diesem Zusammenhang weitere Überlegungen zu Tierschlachtungen auf Weiden an, wie sie in Deutschland schon praktiziert würden, und erhielt dazu Unterstützung von Abgeordneter Anna Höllerer (V), die vor allem die stressfreie Komponente dieser Vorgehensweise ins Auge fasste. Gesundheitsminister Stöger gab jedoch zu bedenken, die Hygienefrage sei bei Schlachtungen in freier Natur genau zu behandeln. Auf EU-Ebene liefen dazu derzeit Diskussionen, nach deren Abschluss könne man erst eine befriedigende Entscheidung treffen. Abgeordneter Bernhard Vock (F) thematisierte in diesem Zusammenhang die nicht erfasste Zahl von Schächtungen, die aus seiner Sicht nur in Ausnahmefällen getätigt werden dürften.
 
Zum Tierschutzgesetz brachte B-Mandatar Wolfgang Spadiut einen Entschließungsantrag (2091/A[E]) ein, der auf einer Verordnungsermächtigung zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Fiakerpferden abzielt. Spadiut sieht auf Grund der langen Arbeitszeiten unter nicht artgerechten Voraussetzungen und der oft unangemessenen Unterbringung dieser Pferde, die in seinen Augen anders als landwirtschaftliche Nutztiere keinen besonderen Schutz genössen, dringenden Handlungsbedarf. Abgeordnete Höllerer (V) erwiderte darauf, Fiakerpferde, die allein in Wien und Salzburg zum Einsatz kämen, würden durch landesgesetzliche Vorschriften und regelmäßige Kontrollen von AmtstierärztInnen ausreichend geschützt. Ähnlich argumentiert Abgeordneter Maier (S), der vor allem bei Sportpferden eine weit höhere Belastung sah. Der Antrag wurde mit S-V Mehrheit abgelehnt.
 
Tiermaterialiengesetz wird EU-konform
 
Die Vorschriften über nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte wurden auf EU-Ebene überarbeitet und aus Gründen der Rechtssicherheit in konsolidierter Form neu veröffentlicht. Im Rahmen von zwei Verordnungen, die bereits seit 4.3.2011 als unmittelbar anwendbares Recht in Österreich gelten, wurde eine inhaltliche Neustrukturierung sowie eine Verbesserung im logischen Aufbau der Rechtsvorschriften angestrebt. Aus diesem Grund war nun eine Anpassung des Tiermaterialiengesetzes erforderlich (2013 d.B.). Bei der Abstimmung wurde die Gesetzesvorlage einstimmig beschlossen. Abgeordneter Pirklhuber warnte allerdings vor einer übermäßigen Regulierung, wenn die Verordnungsermächtigung im Gesetz auch bei biologisch-dynamischen Präparaten zur Anwendung käme. Darauf antwortete Minister Stöger, ExpertInnen würden klarmachen, ob und in welchem Ausmaß dies notwendig sei. (Schluss Gesundheitsausschuss)

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