Österreichische Ärztekammer: Schlaganfall: Warnsignale nicht verharmlosen

ÖÄK-Initiative: “Schlaganfall – Vorsorgen mit Herz und Hirn”

Wien (OTS) – Im Rahmen einer  Aufklärungsinitiative will die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) nun auf die Risiken, aber auch auf Vorsorgemöglichkeiten aufmerksam machen.
 
Die Zahlen sprechen Bände: “Jährlich erleiden rund 25.000 Österreicherinnen und Österreicher einen Schlaganfall. Die meisten erholen sich dank der enorm verbesserten Therapiemöglichkeiten wieder, aber jeder Fünfte bleibt pflegebedürftig – und fünfzehn Prozent der Betroffenen sterben innerhalb eines Monats”, sagte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Artur Wechselberger, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Es gebe hohen Aufholbedarf, was das Wissen um die Warnsignale, das Verhalten im Ernstfall und die Schlaganfall-Prophylaxe betreffe.
 
“Unsere Informationsoffensive sieht die Arztordinationen als Drehscheibe vor. In rund 8000 Praxen, überwiegend von Allgemeinmedizinern, Internisten, Neurologen und Kardiologen, werden die Patienten mit diesem wichtigen Thema konfrontiert und über handliche Mini-Ratgeber der Zeitschrift MEDIZIN populär informiert”, sagte Wechselberger.
 
Hauptrisiko Bluthochdruck
In vielen Fällen ist der Schlaganfall (fachsprachlich “Insult”) kein unabwendbares Schicksal. Die Hauptursachen liegen im ungesunden Lebensstil vieler Österreicherinnen und Österreicher begründet. Bewegungsmangel und Übergewicht führen zu hohem Blutdruck, Diabetes und Arterienverkalkung – so braut sich ein erhebliches Gefahrenpotenzial zusammen. “Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich möglichst gesund zu ernähren, Sport zu betreiben und auf Tabak- und übermäßigen Alkoholkonsum zu verzichten”, appellierte der ÖÄK-Präsident.
 
Liegen Vorerkrankungen wie etwa Bluthochdruck und Zuckerkrankheit vor, so kommt es im Rahmen einer konsequenten Sekundärprävention darauf an, diese Risikofaktoren in Grenzen zu halten. “Je besser chronisch Kranke mit ihren Ärzten zusammenarbeiten – also Kontrolltermine einhalten, auf den Blutdruck achten, Medikamente gewissenhaft einnehmen und möglichst gesund leben -, umso eher haben sie iIhre Krankheit und damit auch die Schlaganfallgefahr im Griff”, erklärte Wechselberger. Ein unbeeinflussbarer Risikofaktor ist hingegen das Alter, obwohl Insulte zunehmend auch bei jüngeren Menschen auftreten. Der Großteil der Schlaganfallpatienten ist über siebzig Jahre alt.
 
Das passiert bei einem Schlaganfall
In einem Blutgefäß, das zum Hirn führt oder im Hirn verläuft, kommt es zu einem Verschluss, der z.B. durch eine Thrombose verursacht sein kann. Der Verschluss blockiert den Blutfluss im Gehirn, Sauerstoffmangel ist die Folge und Nervenzellen sterben ab. “85 Prozent der Schlaganfälle werden durch eine Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn verursacht”, so Johann Willeit, Leiter der Stroke Unit an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck und Präsident der Österreichischen Schlaganfall-Gesellschaft. Die übrigen 15 Prozent sind Folge einer Hirnblutung. Bei einem Schlaganfall muss rasch gehandelt werden – je eher, umso besser die Chancen, ein verschlossenes Gefäß wieder zu öffnen.
 
Die typischen Merkmale eines Schlaganfalls treten als direkte Folge der gestörten Durchblutung im Gehirn ganz plötzlich auf:

  •  Lähmungserscheinungen an einer Körperhälfte
  •  Sprachstörungen: Schwierigkeiten beim Formulieren und  Verstehen
  •  Sehstörungen: halbseitiger Ausfall des Gesichtsfeldes,   plötzlicher Sehverlust auf einem Auge oder Doppelbilder
  •  starke Kopfschmerzen, heftiger Drehschwindel

Allerdings kündigt sich etwa jeder vierte Schlaganfall durch das sogenannte ‘Schlagerl’ an. “Dabei hält die Durchblutungsstörung nur kurze Zeit an, danach kann das Gehirn wieder normal arbeiten”, sagte Willeit. Die Beeinträchtigungen verschwinden meist nach wenigen Minuten wieder. Verharmlosen sei aber brandgefährlich, so der Experte, denn jetzt steige das Risiko, innerhalb der nächsten Stunden oder Tage einen Schlaganfall mit bleibenden Schäden zu erleiden. “Bei Symptomen wie Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen herrscht Alarmstufe Rot. Der Patient muss sofort zur neurologischen Abklärung und Behandlung ins nächste Krankenhaus”, betonte Willeit. Bei Frauen verlaufen Schlaganfälle oft schwerer, sie bleiben auch öfter dauerhaft beeinträchtigt bzw. pflegebedürftig. Auch zusätzliche Symptome können auftreten, wie Brustschmerzen, Schluckbeschwerden, Kurzatmigkeit oder Gliederschmerzen. Generell gilt jedoch: Je eher behandelt wird, umso weniger Nervenzellen sterben ab und umso größer ist die Chance, bleibenden Schäden zu vermeiden. Die beste Versorgung bieten speziell für die Behandlung von Schlaganfall (englisch “stroke”) eingerichtete Stroke Units. Willeit: “Wer hier versorgt und behandelt wird, hat ein geringeres Risiko, am Schlaganfall zu sterben oder Folgeschäden davonzutragen.”
 
Vorhofflimmern: unauffällig, aber gefährlich
Jedem fünften Schlaganfall ist bereits ein “Erst-Schlag” vorausgegangen. Eine wesentliche Rolle im Zusammenhang mit dem erneuten Auftreten spielt das Vorhofflimmern. “Bei einem Viertel der Schlaganfälle ist Vorhofflimmern beteiligt”, warnte Herbert Watzke, Leiter der Palliativstation am AKH Wien und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin (ÖGIM). Dabei handle es sich um eine Herzrhythmusstörung, die in Österreich rund 100.000 Personen betreffe, so der Internist. Sie äußere sich häufig in Kurzatmigkeit, vorübergehendem Herzrasen oder auch einem Gefühl der Schwäche. “Vorhofflimmern begünstigt die Bildung von Blutgerinnseln, die in die Hirngefäße gelangen können”, erklärte Watzke. Besonders fatal sei, dass ein Drittel der Patienten das Vorhofflimmern gar nicht wahrnehme oder kurzfristige Beschwerden nicht mit dem Herz in Zusammenhang bringe und daher gar nicht oder sehr spät zum Arzt ginge. “Wird Vorhofflimmern jedoch nicht behandelt – etwa mit blutverdünnenden Medikamenten -, steigt das Risiko für einen Schlaganfall dramatisch”, warnte der Experte.
 
Rehabilitation an Patientenbedürfnisse anpassen
Auf die akute Behandlung eines Schlaganfalles im Spital folgt in der Regel die individuelle Betreuung in einem Rehabilitationszentrum. Bessert sich der Gesundheitszustand rasch, kann die Rehabilitation auch ambulant durchgeführt werden. Betroffene müssen nach einem Schlaganfall mit motorischen Einschränkungen rechnen, aber auch mit Leistungs- und Gedächtnisproblemen. In der ersten Rehabilitationsphase stehe die Rückbildung von Funktionsstörungen im Mittelpunkt, sagte der Neurologe Johann Willeit. Bei der Therapie muss unbedingt auf die Belastbarkeit und auf das geistige Verarbeitungsvermögen der Patienten Rücksicht genommen werden. Für den Betroffenen gehe es von Beginn an darum, sich seine Lebensqualität Schritt für Schritt zurückzuerobern. Doch dieser Heilungsprozess könne oft sehr lange dauern, sind sich Neurologe Willeit und Internist Watzke einig. Das führe bei jedem dritten Schlaganfallpatienten zu Depressionen. Aber auch Angehörige sind oft rat- und mutlos und brauchen Unterstützung. “Die Pflege von Schlaganfallpatienten kann sehr belastend sein. Selbsthilfegruppen leisten hier wichtige Arbeit”, erklärte Watzke.
 
Hausarzt: Bewusstseinsbildung, Früherkennung, Begleitung
Mit fortschreitendem Genesungsprozess kommt schließlich der Betreuung durch den Hausarzt eine wichtige Rolle zu. Gemeinsam mit Neurologen und Internisten kann er dazu beitragen, einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. “Neben der Betreuung während der Rehabilitation liegt die Hauptaufgabe der Allgemeinmedizin im Zusammenhang mit Schlaganfall sicher bei der Prävention”, erklärte Reinhold Glehr, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM). “Wir Hausärzte haben den Vorteil, die Patienten meist über einen längeren Zeitraum zu betreuen. Diese Chance müssen wir nützen, um sie zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren.” Sekundärpräventiv können Allgemeinmediziner dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko von Patienten mit chronischen Erkrankungen wie z.B. Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit, Herzschwäche, Diabetes oder Adipositas in Grenzen zu halten. “Das gelingt natürlich nur, wenn die Betroffenen aktiv mitwirken, etwa indem sie blutdrucksenkende Medikamente gewissenhaft einnehmen”, so Reinhold Glehr. Bei der Früherkennung von Vorhofflimmern, das im Rahmen der Schlaganfallprophylaxe immer mehr an Bedeutung gewinnt, helfen regelmäßige Blutdruck- und Pulskontrollen. “Nach fachkundiger Anleitung durch den Hausarzt kann der Patient diese Kontrollen meist selbstständig durchführen”, sagte Glehr.
 
Darüber hinaus spielen die Hausärzte aber auch eine wichtige Rolle beim Erkennen von Schlaganfällen. “Immer wieder erlebe ich, dass ein älterer Patient sozusagen nebenbei die typischen Symptome eines ‘Schlagerls’ beschreibt, ohne sich der Gefahr bewusst zu sein. Hier muss der Allgemeinmediziner sofort eine neurologische Abklärung im Krankenhaus, am besten auf einer Stroke Unit, veranlassen”, betonte Glehr. Wichtig ist auch, dass Allgemeinmediziner für ein verstärktes Problembewusstsein sorgen, indem sie ihren älteren Patienten die Merkmale eines “Schlagerls” genau erklären und sie nachdrücklich darauf hinweisen, dass bei diesen Symptomen jedenfalls die Rettung zu alarmieren ist. (sl/ar) (Schluss)
 
Vollständige Presseunterlage unter www.aerztekammer.at
 
Kompakte Patienteninfos unter www.schlaganfall-was-tun.at

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