„Die Natur gilt generell als verlässliche Quelle für Arzneien zur Bekämpfung und Linderung von Krankheiten. Ein Beispiel ist der Wirkstoff für Aspirin C aus der Silberweide. Und das Potenzial ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft“, betont Haluza. Klimawandel, Umweltverschmutzung oder eine intensivierte Landwirtschaft sowie Waldrodung gefährden dieses Füllhorn. „Viele heilsame Pflanzen, Pilzen und Mikroben warten noch in den letzten Urwäldern der Erde auf ihre Entdeckung.“
Außerdem fungiert der Wald mit seiner Biodiversität durch Verdünnungseffekte als Schutzschild gegen diverse Krankheitserreger: „Das Risiko, in artenarmen Gegenden an durch Zecken übertragene Borreliose zu erkranken, ist höher im Vergleich zu standortgerechten Mischwäldern. Dort leben zum Beispiel Mäuse, die ideale Wirtstiere für Krankheitserreger darstellen“, erklärt die MedUni Wien-Waldforscherin.
Immer mehr Menschen leben in urbanen Ballungszentren – immer mehr Menschen leiden an Allergien und Asthma. Gesundheitsexpertin Haluza zeigt auch hier den Zusammenhang auf: „Jugendliche, die auf dem Land aufwachsen und daher mit einer größeren Menge an Mikroorganismen in Kontakt kommen, leiden seltener an Allergien und Asthma als ihre städtischen Altersgenossen.“
Aus allen oben genannten Gründen ist es auch ein Ziel der „Österreichischen Biodiversitätsstrategie 2020+“, die Biodiversität der Wälder näher an den urbanen Bereich zu bringen und naturnahe Mischwälder zu schaffen. „Wir wollen die Wälder im Interesse künftiger Generationen klimaresilient, also widerstands- und anpassungsfähig, und damit fit für die Zukunft machen. Das verlangt ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein und Zusammenwirken.“
Erholsame Lichtung
In einer erst vor kurzem publizierten Studie ging die Waldforschungsarbeitsgruppe der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin auch der Frage nach, welche Plätze in Wäldern besonders erholsam sind. Das Ergebnis der vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus unterstützten Forschungsarbeit mit etwa 100 ProbandInnen, die zweieinhalb Stunden durch den oberösterreichischen Hallerwald wanderten: Eine offene Lichtung mit Farnbewuchs und ein kleiner Bach wurden als erholsamer bewertet als ein Platz mit dichtem Fichtenbewuchs, an dem es eher dunkel war. Haluza: „Schon vorangegangene Studien haben gezeigt, dass wir Menschen die Kombination von Grün und Blau, also Wasser, als angenehm empfinden.“
Im „Dr. Forest“-Projekt, in das WissenschafterInnen aus den Bereichen Ökologie, Medizin, Biologie und Forstwissenschaft involviert sind, soll nun drei Jahre lang die gesundheitsfördernde Wirkung von unterschiedlichen Waldkulturen genauer untersucht werden. Weiters erforscht das von der EU geförderte Projekt, inwieweit Klangvielfalt – zum Beispiel Geräusche durch Vögel, Frösche oder Heuschrecken – in artenreichen Wäldern die Erholung und die Verminderung von Stress beim Menschen beeinflusst.
Service: Environmental Research and Public Health
„Investigating the Qualities of a Recreational Forest: Findings from the Cross-Sectional Hallerwald Case Study”. Renate Cervinka, Markus Schwab, Daniela Haluza. 4 March 2020. Int.J.Environ.Res.Public Health 2020, 17, 1676; doi:10.3390/ijerph17051676.