MedUni Wien: Bedeutung von Zell-Zyklus und Zell-Alterung in der Plazenta entschlüsselt

„Stoppschild“ für unkontrollierte Wucherung und mögliche Krebserkrankung

ForscherInnen des Labors um Jürgen Pollheimer an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien konnten nun gemeinsam mit WissenschafterInnen der Universität Stanford und mit der St. Anna Kinderkrebsforschung erstmals wesentliche Zusammenhänge des Zell-Zyklus‘ und der -Alterung in der menschlichen Plazenta entschlüsseln. Das zentrale Ergebnis der Studie: Der Zellteilungs-Zyklus der Trophoblasten in der Plazenta hört in der Schwangerschaft nach einer Verdoppelung des gesamten Genoms auf, um unkontrolliertes Wachstum zu vermeiden. „Die Genomverdoppelung funktioniert quasi wie ein automatisches Stoppschild“, erklärt Studienautor Philipp Velicky, der die Studie an der MedUni Wien durchführte und nun am IST Austria (Institute of Science and Technology – Austria) arbeitet.

„Damit konnten wir erstmals nachweisen, dass die Trophoblasten während ihrer Entwicklung ihr gesamtes Genom verdoppeln und somit polyploid werden und dann aus Selbstschutz in eine Art zelluläre Altersruhe, auch Seneszenz genannt, gehen. Sie teilen sich nicht mehr, senden aber noch bestimmte Botenstoffe aus“, betont der Molekularbiologe Velicky.

Gleichzeitig lassen die Studienergebnisse den Schluss zu,  dass die zelluläre Seneszenz einen wichtigen Mechanismus darstellt, um eine unkontrollierte Zellteilung und –Wucherung des Trophoblasten zu unterdrücken. Ein Ausbleiben dieses wichtigen Kontrollmechanismus  – auch das ist ein Resultat der aktuellen Studie – konnten die Forscher   bei der so genannten Molenschwangerschaft feststellen.  Diese gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen  betreffen weltweit etwa eine Frau von 1.000. Dabei wird ein leeres Ei in der weiblichen Gebärmutter befruchtet, wodurch zwar eine Plazenta entsteht, sich aber kein Embryo bildet. Auch sonstige Prozesse einer normalen Schwangerschaft können nicht gestartet werden. Dadurch fehlt das natürliche, molekulare „Stoppschild“.

Die Folge: Die Plazenta wuchert wild, die Trophoblasten altern nicht. Dafür werden sie explosionsartig polyploid, tragen hunderte Kopien ihres Genoms in sich und teilen sich völlig unkontrolliert. Das System gerät total durcheinander und betroffene Frauen haben später ein deutlich erhöhtes Risiko, am besonders aggressiven Chorionkarzinom (ein hochmaligner Tumor des Trophoblastengewebes) zu erkranken. Der Tumor neigt zu rascher Metastasierung.

Das bessere Verständnis der Zellen und ihrer Funktionen in der Plazenta könnten einerseits dazu führen, dass man künftig auch therapeutisch auf überwuchernde Zellen reagieren kann und andererseits, generell krebsfördernde Prozesse verstehen und diesen vorbeugen kann.

Service: PloS Genetics

„Genome amplification and cellular senescence are hallmarks of human placental development”. Philipp Velicky, Gudrun Meinhardt, Kerstin Plessl, Sigrid Vondra, Tamara Weiss, Peter Haslinger, Thomas Lendl, Karin Aumayr, Mario Mairhofer, Xiaowei Zhu, Birgit Schütz, Roberta L. Hannibal, Robert Lindau, Beatrix Weil, Jan Ernerudh, Jürgen Neesen, Gerda Egger, Mario Mikula, Clemens Röhrl, Alexander E. Urban, Julie Baker, Martin Knöfler, Jürgen Pollheimer. DOI: 10.1371/journal.pgen.1007698. 

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