IMBA: Ausweg aus der Blutarmut

Forscher identifizieren Gen-Regionen für Entstehung und Funktion von roten Blutkörperchen

Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts haben Wissenschafter am Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), in einer großangelegten Studie jene Genregionen identifiziert, die bei der Entstehung und Funktion von roten Blutkörperchen eine Rolle spielen. Ihre Erkenntnisse sind der Grundstein zur Entschlüsselung der Mechanismen, die zu Erkrankungen wie Blutarmut (Anämie) führen.

Die Arbeit „Seventy-five genetic loci influencing the human red blood cell“ wurde heute, am 20. Dezember 2012, als Full Article in der international renommierten Fachzeitschrift „Nature“ publiziert.

Blutarmut ist eine der häufigsten Ursachen für Störungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit weltweit.  Rote Blutkörperchen ermöglichen Sauerstofftransport in der Blutbahn. Dies kommt insbesondere bei sportlichen Leistungen wie Skifahren oder Bergsteigen zum Tragen. Mangelt es an roten Blutkörperchen, fehlt es dem Körper folglich an Sauerstoff, was mit einer Beeinträchtigung wesentlicher Körperfunktionen einhergehen kann. Vor allem Frauen sind aufgrund des Blutverlustes durch die Menstruation häufig von Blutarmut betroffen. Die nun veröffentlichten Forschungsergebnisse geben Aufschluss über die Entstehung und Funktion von roten Blutzellen und könnten in Zukunft etwa in der Behandlung von Blutarmut Einsatz finden.

Eine Gruppe von Wissenschaftern, unter Beteiligung von Josef Penninger und Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien (IMBA), untersuchte in einer internationalen Studie das Genom von 135.367 Personen und konnte dabei 75 Gen-Regionen bestimmen, die direkt mit verschiedenen Merkmalen der Blutzellentwicklung in Verbindung stehen. Mithilfe moderner Bioinformatik identifizierten die Forscher 121 Kandidatengene, die in unmittelbarer Nähe dieser Gen-Regionen liegen. Aus den Daten geht hervor, dass diese Kandidatengene höchstwahrscheinlich direkt an der Regulierung von roten Blutkörperchen beteiligt sind.

Ulrich Elling, Co-Erstautor der Studie, erklärt: „Dies ist wohl die genaueste genetische Landkarte, die jemals bei Menschen für Blutzellentwicklung gemacht wurde. Jedoch sind solche Daten immer Assoziationen und deshalb verwendeten wir die Fruchtfliege Drosophila Melanogaster, um die Funktion der Kandidatengene experimentell zu testen. Dafür schalteten wir die betreffenden Gene aus und konnten so deren Funktion in der Entwicklung von Blutzellen in der Fliege entschlüsseln.“ Die Arbeit der Forscher zeigt, dass Modellorganismen wie Fliegen grundlegende Einblicke in die menschliche Genetik liefern können. Sie geben ebenfalls Aufschluss darüber, wie lange genetische Mechanismen bereits in der Evolution verankert sind. „Obwohl Fliegen keine roten Blutkörperchen haben, zeigen unsere Untersuchungen, dass wir bei der Entstehung von Blut wesentliche Genfunktionen mit ihnen teilen“, so Josef Penninger, IMBA-Direktor und Co-Letztautor der Studie.

Josef Penninger:
Der österreichische Genetiker auf dem Gebiet der Molekularen Medizin ist seit 2002 wissenschaftlicher Direktor am IMBA in Wien. Zu Penningers Forschungsleistungen zählen bahnbrechende Erkenntnisse über die molekulare Basis von Knochenschwund und Brustkrebs, sowie die Erforschung von Autoimmunkrankheiten und Herz- und Lungenerkrankungen. Penninger ist Autor und Mitautor von mehr als 380 wissenschaftlichen Arbeiten, von denen eine große Zahl in führenden Journalen wie „Nature“ und „Science“ publiziert wurde. Zu seinen wichtigsten Auszeichnungen zählen der Descartes-Preis als höchster Wissenschafts-Preis der EU, der Ernst Jung-Preis für medizinische Spitzenforschung, die Carus-Medaille der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der ERC Advanced Grant, und er erhielt vor Kurzem den mit 7.4 Mill $ dotierten Innovator Award aus der USA für Brustkrebsforschung.

Ulrich Elling:
Der  diplomierte Biologe studierte in Deutschland und den USA und ist seit 2006 Postdoc im Labor von Josef Penninger am IMBA. Zu seinen bisher wichtigsten Forschungsleistungen zählen die Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung haploider Stammzellen, sowie die Identifikation des Proteins welches für die Giftwirkung von Rizin verantwortlich ist. Er publizierte dies in der wissenschaftlichen Zeitschrift Cell Stem Cell.

IMBA:
Das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie ist ein international anerkanntes Forschungsinstitut mit dem Ziel, molekulare Prozesse in Zellen und Organismen zu erforschen und Ursachen für die Entstehung humaner Erkrankungen aufzuklären. Unabhängige wissenschaftliche Arbeitsgruppen arbeiten an biologischen Fragestellungen aus den Bereichen Zellteilung, Zellbewegung, RNA-Interferenz und Epigenetik, ebenso wie an unmittelbaren medizinischen Fragestellungen aus den Gebieten Onkologie, Stammzellforschung und Immunologie. Das IMBA ist eine 100% Tochtergesellschaft der ÖAW. www.imba.oeaw.ac.at

ÖAW:
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist die führende Trägerin außeruniversitärer akademischer Forschung in Österreich. Die mehr als 60 Forschungseinrichtungen betreiben anwendungsoffene Grundlagenforschung in gesellschaftlich relevanten Gebieten der Natur-, Lebens- und Technikwissenschaften sowie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. www.oeaw.ac.at

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